Eine Horde an Jägern, die über den Himmel galoppieren: Das ist die Wilde Jagd. Oft wird sie innerhalb der Volkssagen auch das Wilde Heer oder die Wilde Fahrt genannt. In vielen Sagen werden die Beobachter:innen von den Jägern der Wilden Jagd mitgenommen und aufgenommen. Laut anderen Sagen nehmen die Jäger die Seelen von Schlafenden mit – und von da an reiten die Schlafenden als Teil der Wilden Jagd.
Die Wilde Jagd als Vorbote für …
- Kriege,
- Krankheiten (wie zum Beispiel Epidemien),
- Dürren
- oder den bevorstehenden Tod der Person, die die Jagd am Himmel beobachtet hat.
Wilde Jagd im europäischen Raum
Man sagt, die höchste Wahrscheinlichkeit, die Wilde Jagd am Himmel zu sehen, gibt es in den Rauhnächten: Den Nächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag. Übrigens, wusstest du, dass die Rauhnächte ursprünglich für 12 Nächte ab der Wintersonnenwende am 21.12. gerechnet wurden und daher am 2.1. endeten? Mit der Verbreitung der christlichen Bräuche hat sich allmählich dann die Zeitspanne zwischen Weihnachten und Dreikönigstag eingebürgert. Neben den Rauhnächten sind aber auch die Fastnachtszeit, Fronfasten und der Karfreitag Tage, an denen die Wilde Jagd über den Himmel zieht.
Der Geisterzug am Himmel ist übrigens auch kein stummes Phänomen, er ist begleitet von: Heulen, Schreien, Johlen, Ächzen, Jammern, Stöhnen und Johlen. In seltenen Fällen hören Beobachter:innen aber auch schöne Musik in ihren Ohren – in diesem Fall ist die Sichtung ein gutes Zeichen. In jedem Fall sollte man sich in jenen Nächten, in denen der Himmel dem Wilden Heer gehört, zuhause aufhalten und es nicht riskieren, einen Blick auf die Geister zu werfen. Zu groß ist die Gefahr, von ihnen mitgenommen zu werden.
Wie jede Jagd hat auch die Wilde Jagd eine/n Anführer:in: Je nach Kulturkreis trägt diese Gestalt allerdings unterschiedliche Namen.
Land/Region | Name des Anführers/der Anführerin der Wilden Jagd |
---|---|
Wales | Arawn |
Schwaben | Berchtold |
deutschsprachiger Raum | Hassjäger, Helljäger, Tolljäger, Schimmelreiter, Türst |
Thüringen | Elbel |
Schweden | Odin, der eine Huldra (Waldfrau) jagt |
England | Herne, der Jäger |
Predigt des Dominikaner-Mönchs Johannes Herolt | Diana (römische Göttin der Jagd) |
Norddeutschland | Hanns von Hackelberg |
Deutschland | vereinzelt: Dietrich von Bern |
Übrigens sind nicht ausschließlich Männer Teil der Jagd: Frauen und Kinder ziehen ebenfalls über den Himmel. Sie sind durch Gewalt oder ein Unglück zu früh aus dem Leben geschieden und nun dazu verdammt, auf ewig mit dem Heer über den Himmel zu ziehen. In vielen Volkssagen wird auch Frau Perchta (vgl. auch Frau Holle) in Verbindung mit der Wilden Jagd genannt.
Herkunft des Begriffs „Wilde Jagd“
Der deutsche Begriff „Wilde Jagd“ wurde tatsächlich von den Gebrüdern Grimm geprägt: Genauer gesagt, hat Jacob Grimm in seinem Werk „Deutsche Mythologie“ (1835) den Begriff verankert. In zahlreichen anderen Ländern ist die Wilde Jagd unter folgenden Namen bekannt:
- „The Wild Hunt“: englischer Sprachraum
- „Odensjakt“, d.h. „Odins Jagd“ (oder auch „Oskorei“, „Aaskereia“ oder „Åsgårdsrei“ – im Deutschen „der asgardische Zug“, „Fahrt nach Asgard“): skandinavischer Raum
- „Wüetisheer“: Bezeichnung im deutschen, v.a. schwäbischen Raum
- „Gratzug“: Alpenraum
- „mesnie Hellequin“, „chasse fantastique“, „chasse aérienne“ oder „chasse savage“: Frankreich
- „Chasse-galerie“: im französischsprachigen Teil Kanadas
- „caccia selvaggia“ oder „caccia morta“: italienischer Raum